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Deutschlandradio feuert für Rundfunkfreiheit PDF Drucken
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07.10.2006

Nach dem Norddeutschen Rundfunk hat nun auch das Deutschlandradio begonnen, langjährige freie MitarbeiterInnen zu kündigen, bevor ihre Tätigkeit tariflich stärker geschützt ist, sprich, sie nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden können. Und ausgerechnet die Rundfunkfreiheit wird als Begründung dafür herbeizitiert, dass Langjährige nun gehen sollen.

Über die Ergebnisse von mehreren Info-Veranstaltungen mit ver.di, DJV und dem DLR-Programmdirektor Müchler berichtet Klaus-Michael Klingsporn in der Mailingliste "dradiofreie":

Ihr Lieben,

in Berlin und Köln hat es Informationsveranstaltungen von Dr. Müchler
zum Thema gegeben, in Köln vor kurzem eine von verdi, in Berlin gestern
eine von DJV und Verdi mit mit dem Juristen Michael Hirschler von DJV.
Auf der Liste wurde der Wunsch geäußert von diesen Veranstaltungen
informiert zu werden, was im Detail, glaube ich, keinen Sinn macht; ich
will statt dessen hier eine Zusammenfassung versuchen.

1. Die Rechtslage

ergibt sich aus dem TV für Arbeitnehmerähnliche des DLF von von 1978,
der lt. HarmonisierungsTV von 1995 für alle Freien von dradio gilt (TV
zum Nachlesen unter: www.rundfunkfreiheit.de).

In §5 legt dieser TV für den Fall, dass DLF/dradio "die Beendigung oder
eine wesentliche Einschränkung der Tätigkeit" eines
arbeitnehmerähnlichen Freien Mitarbeiters beabsichtigt, die Pflicht zur
schriftl. Mitteilung dieser Absicht durch die Holi fest. Dabei wird
unter "wesentlicher Einschränkung" eine Jahresvergütungsminderung um
mehr als 25%, bei Mitarbeiter, die mehr als die Hälfte ihres Einkommens
von DLF/dradio beziehen, von mehr 10% verstanden. Vor einer
Beendigungsankündigung muss eine Anhörung des Betroffenen durch den
zuständigen Direktor erfolgen, in der auch ein Grund für die Beendigung
der Beschäftigung genannt werden, und die Möglichkeit einer
anderen Beschäftigung des Freien Mitarbeiter geprüft werden muss.

Die Frist für eine solche Minderungs-/Beendigungsankündigung beträgt
zunächst für Mitarbeiter, die im laufenden oder vergangenen Jahr
gegenüber DLF/dradio Urlaubsanspruch berechtigt geltend gemacht haben,
einen Monat, erhöht sich jedoch im Laufe der Jahre, in denen der Freie
ohne Unterbrechung Urlaubsanspruch gegenüber DLF/dradio berechtigt
geltend macht, bis sie nach 10 Jahre schließlich 1 Jahr beträgt. (Aus
diesen Fristen ergibt sich im übrigen auch die Grundlage für die sog.
Ausgleichszahlungen bei Beschäftigungsminderung ohne Ankündigung.)

Hat der Freie 15 Jahre ohne Unterbrechung Urlaubsanspruch berechtigt
geltend gemacht, oder ist mind. 50 Jahre und hat 10 Jahre
Urlaubsanspruch berechtigt geltend gemacht, kann seine Tätigkeit nur
noch "aus wichtigem Grund" beendet werden, was z.B. der Fall sein
dürfte, wenn er das Pult im Sendestudio klaut, die
Highländer-Speicher löscht o.ä.

Auch diese gemeinhin als "unkündbar" bezeichneten Freien können im
Umfang ihrer Tätigkeit, wie sich in den letzten Jahren mehrfach gezeigt
hat, allmählich (um jährlich 10%) herunterfahren werden, müssen aber
zumindest soviel beschäftigt bzw. ausgleichsbezahlt werden, dass sie
arbeitnehmerähnlich bleiben, was Gerichte bislang zumeist pragmatisch
als 2 x 42 = 84 Arbeitstage pro Jahr definiert haben. Auch haben sie
keinen Anspruch auf dieselbe, aber auf eine "zeitlich und fachlich
zumutbare Tätigkeit".

2. Deutschlandradio sprengt seine vermeintlichen Ketten

Eine solche Regelung, die Freien Mitarbeitern mit den Jahren ihrer
Mitarbeit wachsende Beschäftigungsgarantien und damit eine gewisse
Sicherheit gibt - und dem Sender im Gegenzug sicherlich die eine
oder andere Festanstellungsklage erspart (hat) -, will heutzutage
natürlich nicht so recht ins neoliberale Weltbild passen.

Dr. Müchler meinte in der Berliner Informationsveranstaltung hier sogar
eine Beschränkung der Rundfunkfreiheit auszumachen. Jedenfalls könne die
Geschäftsleitung es nicht zulassen, durch eine zunehmend wachsende Zahl
praktisch unkündbarer freier Mitarbeiter in der Programmgestaltung
eingeschränkt zu werden. Die ursprünglich sicherlich einmal gut
gemeinte tarifvertragliche Regelung gehöre seiner Meinung nach
gestrichen, da sie sich nun gegen die Freien wende. Der Sender habe
sich durch diese Regelung gezwungen gesehen, sich von einigen
Mitarbeitern, die man eigentlich gerne weiter beschäftigt hätte und über
deren Qualitäten es keinen Zweifel gäbe, zu trennen, da sie ansonsten
in den Status der Unkündbarkeit kämen, der Sender sie also bei Bedarf
nicht mehr los werde.

Anderes als bei anderen Sendern mit ähnlichen Regelungen wolle man beim
dradio aber nicht grundsätzlich nach 14 Jahren die Guillotine fallen
lassen, sondern weiterhin im Einzelfall entscheiden. Allerdings sei die
Entscheidung von den Redaktionen, die sich ohnehin immer für eine
Weiterbeschäftigung der Freien aussprächen, schließlich hätten sie sie
ja nicht umsonst bereits 14 Jahre beschäftigt, auf die Ebene der
Hauptabteilungsleiter verschoben worden. Und die wären dieses Jahr eben
zu dem Schluss gekommen von ca. zwei Dutzend Freien ("Bitte legen Sie
mich auf die genaue Zahl nicht fest"), die in den kommenden 1,5 Jahren
die 15 bzw 10 Jahre erreichen, ca. 6 zu kündigen, über deren fachlichen
Qualitäten es keinen Zweifel gäbe, die aber ... s.o.

Die Frage, ob die gekündigten Freien nach einer Pause wieder
beschäftigt werden könnten, beurteilte Dr. Müchler aus
arbeitsrechtlichen Gründen eher skeptisch. Auf die Frage, ob man der
Gefahr einer evtl. Kündigung im Vorfeld durch gelegentlichen Verzicht
auf einen Urlaubsantrag aus dem Wege gehen könnte, wie wohl von einigen
Abteilungsleitern empfohlen, antwortete er sehr sybillinisch, dass er
dies keinem empfehlen könne, da dies als Nötigung verstanden werden
könne, dass er sich aber vorstellen könne, dass dies u.U. ein
"gangbarer Weg" sei.

Ansonsten gab's noch zahlreiche Ratschläge, dass man als Freier frei
sei, dass man sich rechtzeitig "breit aufstellen" müsse und nicht von
einem Sender abhängig machen dürfe, dass man doch lieber mal einen
Termin in dradio ablehnen solle, wenn man die Möglichkeit habe,
woanders ... usw. usw.

3. Fakten, Gerüchte und Einschätzung


Nach unseren Recherchen sind die Zahlen, die Müchler genannt hat, im
wesentlichen richtig: In den nächsten 1-2 Jahren werden eher mehr als 2
Dutzend Freie in den Genuss der 15- bzw 10-Jahresregelung kommen;
bislang sind 5 Freie formvollendet gekündigt worden, bei mind. einem
weiteren ist eine Kündigungsankündigung erfolgt, steht das
Direktorengespräch aber noch aus. Dass die Betroffenen, soweit sie bei
der einen oder anderen Gewerkschaft Mitglied sind, Rechtsschutz
erhalten, ist klar; ob das hilft, wird sich zeigen.

Für die Auswahl der Opfer scheint es keine sichtbaren Kriterien zu
geben, es scheint im Vorfeld bei vielen Akteuren im Haus erhebliche
Unklarheiten gegeben zu haben, wann eine Kündigung erfolgen kann. So
stand wohl zeitweilig auch ein Freier auf der Kündigungsliste, der mit
23 Beschäftigungs- und Urlaubsjahren nun doch jenseits von Gut und Böse
sein sollte, bei anderen scheinen sie die letzte Möglichkeit zur
Kündigung knapp verpasst zu haben.

Einige Kandidaten scheinen von der Liste wieder gestrichen worden zu
sein, weil sich Redakteure in den Häusern für sie stark gemacht haben,
bei anderen scheint jeglicher Widerstand aus den Redaktionen an
gewissen Hauptabteilungleitern abgeprallt zu sein. Für gestrichene
Kündigungskandidaten sind wohl wieder andere auf die Liste gekommen, so
dass der Eindruck entsteht, als habe man unbedingt einen bestimmten
Prozentsatz von Kündigungen erreichen wollen.

Insgesamt war eine Verunsicherung der Freien im Hause sicherlich
erwünscht, auch dass so mancher sich jetzt überlegen mag, ob es nicht
vielleicht doch besser wäre, einmal auf seinen Urlaub zu verzichten.

Allerdings sollte man sich das in der Tat sehr gut überlegen, denn für
die Hoffnung hierdurch einer evtl. Kündigung in drei, vier Jahren zu
entgehen, handelt man sich den sofortigen Verlust all seiner Rechte
ein, und damit die Bedrohung, schon nach einen Jahr ohne Kündigung
nicht mehr beschäftigt zu werden, weil vielleicht gerade die nächste
Teilprogrammreform ins Haus steht oder bestimmten (Haupt-)
Abteilungsleitern die Nase nicht (mehr) passt.

Und auch wenn dies nicht geschieht, könnten die Juristen des Hauses auf
die Idee kommen, dass ein Verzicht auf den Urlaub, obwohl die
Voraussetzungen dafür bestanden, nach dieser Vorgeschichte und der
damit verbundenen quasi-Nötigung vor Gericht nicht als Unterbrechung
angesehen werden könnte, und man deshalb sicherheitshalber doch
lieber kündigen müsse ....

Verzicht auf Urlaub aus Angst vor Kündigung ist deshalb sicherlich kein
guter Rat. Gleichwohl wird und muss sich das Verhältnis der Freien zum
dradio ändern, spätestens wenn die Geschäftsleitung zur nächsten
Kündigungslotterie ruft. Wie und in welche Richtung dies geschehen soll
und kann, sollten wir in dieser Liste diskutieren.

Klaumi
(Klaus-Michael Klingsporn)


--- hier wiedergegeben mit Genehmigung des Autors ---
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