Tipps und Wünsche für eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen RedakteurInnen und AutorInnen (aus dem WDR-Dschungelbuch) ( Dies ist ein Auszug aus der ersten Auflage des WDR-Dschungelbuchs - die völlig revidierte Neuauflage erscheint Ende März 2012 und kann hier in Auzügen angeschaut und bestellt werden: www.wdr-dschungelbuch.de )
Wenn ein Werk "abgenommen" ist, hat eine Urheberin ihre Leistung erbracht, und die Gegenleistung des WDR ist fällig, die Bezahlung. Die "Abnahme" bedeutet, dass der WDR und die Freie sich einig sind, dass der Fernsehbericht, das Radiomanuskript oder auch das Internet-Special, in einem Zustand sind, der den vertraglichen Abmachungen entspricht. Manchmal ist aber höchst unklar, ob und wann das Werk abgenommen ist. So sind viele Chefs dafür berüchtigt, dass sie nach Schein-"Abnahmen" durch den zuständigen Redakteur noch eine "Endabnahme" durchführen. Vor allem in Fernsehredaktionen ist dies verbreitet. Die Chefs verlangen von den TV-Autoren neue Änderungen ihres Beitrages - aber die haben oft das Werk vorher schon einmal "umgeschnitten", nach der Abnahme durch die Redakteurin vom Dienst. Eine derart desorganisierte Handlungsweise auf dem Rücken der Freien ist nicht vertragsgemäß. Es sei denn, man bezeichnet die erste Abnahme nur als ein unverbindliches Gespräch über Qualität der Arbeit, auf das ein Freier reagieren kann - aber nicht muss. Dann wäre es korrekt, bei Uneinigkeit gleich zum Chef zu gehen und ihn um eine verbindliche Stellungnahme zu bitten. Denn der Unterredakteur trägt gar keine wirkliche Verantwortung. Für Abnahmen des WDR gelten die selben Regeln wie für jeden Verbraucher, der ein Produkt gekauft hat oder für den ein Handwerker gearbeitet hat. Der Sender kann Mängel an der Arbeit von Freien feststellen, sie konkret benennen und Nachbesserung verlangen. Wenn das Werk dem entsprechend nachgebessert ist und die Mängel beseitigt sind, dann muss die Arbeit so abgenommen werden. Und es muss klar sein, wer für die Abnahme zuständig ist. Der Urhebertarifvertrag gibt Freien das Recht zu verlangen, dass die Redaktion ihm ihre Beanstandungen aufschreibt. Nützlich ist in dem Zusammenhang, wenn schon vor der Produktion festgehalten wurde, wie das Werk auszusehen hat, zum Beispiel in einem Exposé, einem Treatment oder einer Auftragsbestätigung. Wünsche für eine richtige Abnahme Freie wünschen sich: - - klare Verantwortlichkeiten, wer die Arbeit abnimmt, und wann - was kollegiale Gespräche über die Arbeit nicht ausschließen muss,
- - gegebenenfalls klare Aussagen (und am besten eine verbindliche Einigung) darüber, was geändert werden soll. Aussagen wie "Irgendwie gefällt mir diese Passage nicht, überlegen Sie sich bitte etwas anderes" gelten nicht.
- - Respekt vor den Urheberinnen und Mitwirkenden und ihren Arbeitsweisen. Redakteure sollten im Vorhinein mit den Freien absprechen, wie ihr Produkt in das Format der Sendung passen könnte - aber sie können nicht per Abnahme selbst im Nachhinein zu Urhebern werden.
Abnahmegespräche sind Streßsituationen, auch für Redakteure. Aber sie selbst verschlimmern den Stress häufig selbst. Sie reden sich ein, sie müssten sofort und nach einmaligem Anschauen eines Fernsehbeitrags eine kluge Stellungnahme abgeben. Sich selbst Unsicherheit einzugestehen, nochmal hinzuschauen und vielleicht erst einmal über der Angelegenheit zu schlafen, kann besser sein als unsicheren Eindrücken durch die Verfertigung des Gedankens beim Sprechen eine zu große Bedeutung zu verleihen. Manchmal wären Freie froh, es gäbe überhaupt eine Abnahme. Der fertig aufgenommen und geschnittene Hörfunkbeitrag liegt irgendwo im Regal, und die Redakteurin kommt nicht dazu, ihn sich überhaupt anzuhören. Das Geld kommt natürlich auch nicht. Der Urhebertarifvertrag regelt solche Fälle eindeutig: Sechs Wochen nach der Ablieferung des Werkes kann die Freie schriftlich eine Nachfrist von 10 Tagen setzen - danach gilt der Beitrag als abgenommen, wenn er nicht beanstandet wurde oder die Freie eine Fristverlängerung gewährt. *Leseprobe aus dem WDR-Dschungelbuch von Ulli Schauen( Zu Favoriten hinzufügen (425) | Artikel zitieren | Aufgerufen: 4215 | Drucken
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